Nach „Peterchens Mondfahrt“ steht in diesem Jahr wieder ein Märchen auf dem Programm der Laienbühne Freising: Schneewittchen. Unter der Regie von Margot Riegler erzählen die Amateurmimen die Geschichte der Königstochter, die wegen ihrer Stiefmutter, die in einem Schönheitswahn lebt, mit dem Tode bedroht ist – Happy-End eingeschlossen. Am Samstagabend, 18. Oktober, war Premiere, vor einem ausverkauften Asamsaal, mit wiederholtem Szeneapplaus und tosendem Beifall am Ende.
Märchen? Ist das nicht etwas für Kinder? Beileibe nicht ausschließlich! Märchen haben eine Art Lehrauftrag – für jedes Alter. Und so ist es auch bei der Erzählung der Gebrüder Grimm. Die Laienbühne spielt zwar nicht „der Ausgabe letzter Hand“ der Gebrüder Grimm von 1857. Im Asamsaal wird die Version nach Karl-Heinz König gezeigt, der frische Akzente setzt, neue Figuren einführt und die an sich dramatische Handlung damit etwas entspannt. Aber was bleibt ist die Tatsache, dass sich die Königin ein Töchterlein wünscht, mit einer Haut, weiß wie Schnee, Bäckchen, rot wie Blut, und Haaren, schwarz wie Ebenholz. Ein Schneewittchen. Aber, die Königin verstirbt nach der Geburt. Nach Jahresfrist ehelicht der König eine wunderschöne Frau, die jedoch in dem Wahn lebt, die schönste Frau im Königreich zu sein und auch zu bleiben. Und damit nimmt die Dramatik ihren Lauf. Als nämlich Schneewittchen herangewachsen ist, stellt der Wunderspiegel, den die Königin immer wieder befragt, wer die Schönste im ganzen Land sei, nicht wie sonst fest: „Ihr seid die Schönste im ganzen Land“, sondern fügt hinzu: „Aber Schneewittchen ist tausendmal schöner als Ihr!“ Jetzt schlägt die ruppige Behandlung, die Schneewittchen durch die Stiefmutter schon immer erfahren musste, in blanken Hass um. Die Dame rast vor Wut. Schneewittchen wird eingesperrt, der Jäger gerufen und beauftragt, das Mägdlein in den tiefen Wald zu führen und dort umzubringen. Als Beweis für die schändliche Tat soll der verstörte Mann das Herz Schneewittchens bringen.
Natürlich führt der Jäger den Befehl nicht aus. Er lässt das Mädchen laufen, mit dem Rat nie mehr in dieses Land zu kommen. Der Königin bringt er das Herz eine Frischlings, das diese als das Herz Schneewittchens ansieht. In der Erzählung von Karl-Heinz König hilft nun der Bär Rollo weiter, er bringt Schneewittchen zum Haus der sieben Zwerge. Anmutige Elfen raten tanzend: „Vertraue Deinem Herzen!“ Die Zwerge sind erst einmal nicht zu Hause, Schneewittchen bedient sich sehr zurückhaltend an dem gedeckten Tisch und schläft dann in dem größten der sieben Bettchen ein. Als die Sieben von der Arbeit kommen wundern sie sich erst: „Wer hat von meinem Tellerchen gegessen?“ Dann entdecken sie Schneewittchen und bald sind die jetzt Acht ein Herz und eine Seele. Pause.
Problem ist nur: Der Wunderspiegel im Schloss weiß, dass Schneewittchen nicht tot ist. „Aber Schneewittchen hinter den sieben Bergen bei den sieben Zwergen ist tausendmal schöner als Ihr!“, verrät er. Jetzt brechen alle Dämme! Schneewittchen muss weg. Der dritte Mordversuch gelingt! Und das, obwohl die Zwerge Schneewittchen nahezu anflehen, niemanden ins Haus zu lassen, nichts zu kaufen, keinem zu vertrauen. Die Königin in Gestalt einer Hexe beschwatzt Schneewittchen äußerst geschickt, doch wenigstens die rotbackige Hälfte eines Apfels anzunehmen – die aber vergiftet ist. Die andere Hälfe verspeist sie sichtbar selbst. Schneewittchen fällt um wie tot, jetzt können auch die Zwerge nicht mehr helfen. Tiefe Trauer überfällt sie und sie beschließen, Schneewittchen im Wald aufzubahren – so etwas Schönes dürfe nicht vergraben werden, da waren sie sich einig.
Und dann naht natürlich das Happy-End. Es kommt ein junger Prinz, der sieht die Schönheit und verliebt sich in sie. Er will sie in seinem Schloss aufbahren. Doch einem der Lakaien entkommt die Bahre. Durch den Aufprall auf dem Boden wird das vergiftete Apfelstückchen aus dem Hals des Schneewittchens herausgeschleudert, die junge Frau erwacht aus ihrer todesähnlichen Starre – das Glück nimmt seinen Lauf. Zur Hochzeit wird auch die böse Königin eingeladen. Sie muss lernen: Wahre Schönheit kommt aus dem Herzen!“ Das junge Paar tanzt, die Zwerge und die Dienstboten um sie herum, alle sind happy. Die Königin tritt ab.
Und die Moral von der Geschicht´? Egoismus, extremes Handeln, führen ins Unglück. Hass auf andere eskaliert und führt nicht selten zu Mord und Totschlag. Empathie, Nächstenliebe, Mitfühlen sollte die Menschen bestimmen. Angela Flohr (Königin) bringt die wahnsinnige Königin attraktiv und glaubhaft auf die Bühne, deren Bühnenbild ein Meisterwerk ist. Mit nur wenigen beweglichen Stellwänden nimmt es die Zuschauer aus dem Schloss mit in den Weld, von dort ins Häuschen der Zwerge und wieder zurück ins Schloss. Der schon etwas tüttelige Hofmarschall (Richard Brückl), die treu sorgende Kammerfrau (Anna Stümpfl) und nicht zuletzt der devote und dienstbeflissene Hoffriseur (Arnold Aschbauer) zeigen die gutmütigen, empathi-schen Bediensteten glaubhaft auf. Und der Jäger (Jochen Fischer) weiß, was Menschlichkeit ist. Die Zwerge unter ihrer Chefin (Elisabeth Reisch) sind in ihrer Gutmütigkeit, Hilfsbereitschaft und Verliebtheit in Schneewittchen allerliebst. Schneewittchen (Veronika Jackermaier) zeigt ebenfalls, dass man sich auch als Prinzessin wie ein normaler Mensch verhalten kann, der einfach, nahbar, freundlich und nicht überspannt sein muss. Genauso der Prinz (Max-Emanuel Reisch). Die Herolde, zugleich die Pagen, die Zofen, die Schönen, Rollo, der Bär, die Waldelfen und auch die Bienen runden die Aufführung wohltuend ab. Der Laienbühne Freising ist wieder ein großer Wurf gelungen!
Samstag, 25.10., 15 und 19.30 Uhr, Sonntag, 26.10., 15 Uhr, Freitag, 31.10., 19.30 Uhr, Freitag, 7.11., 19.30 Uhr, Samstag, 8.11., 15 Uhr und 19.30 Uhr, Sonntag, 9.11., 15 Uhr, Samstag, 15.11., 15 Uhr und 19.30 Uhr sowie Sonntag, 16.11., 15 Uhr