In Bergham steht ein ganz besonderes Zeugnis ländlicher Vergangenheit, das Herderhaus. Ein schlichtes, strohgedecktes Holzhaus aus der Zeit um 1650. Eingebettet in einen alten Lindenhain, der als Naturdenkmal ausgewiesen ist, vermittelt es einen eindrucksvollen Blick in das Leben jener Menschen, die einst am Rande der Dorfgemeinschaft standen – die Hirten.
Das Herderhaus diente über Jahrhunderte hinweg als Wohn- und Arbeitsstätte des Gemeindehirten, der für das Hüten und Versorgen des Viehs der Dorfbewohner zuständig war. Geld erhielt er für seine Dienste nicht; bezahlt wurde er mit Naturalien – ein Anteil an Milch, Wolle oder Eiern. Das Leben im Herderhaus war einfach, eng und entbehrungsreich. Mensch und Tier lebten unter einem Dach, was in kalten Wintern immerhin für Wärme sorgte, aber auch hygienische Probleme mit sich brachte.
Das Innere des Hauses ist schlicht. Ein schmaler Flur, der sogenannte Flez, teilt das Gebäude in zwei Bereiche. Links befindet sich die Stube als zentraler Wohnraum mit angrenzender Küche und Kinderkammer, rechts der Stall für die wenigen Tiere, die dem Hirten selbst gehörten. Über eine Leiter gelangte man in das Dachgeschoss, wo Heu gelagert wurde. Das Reetdach – früher aus Stroh gefertigt – musste bei der letzten Restaurierung von einer Spezialfirma neu gedeckt werden, da langhalmiges Getreide kaum noch verfügbar ist.
Bemerkenswert ist auch die Umgebung des Hauses: Rund 120 Linden und etwa 80 Eschen umgeben das kleine Bauwerk. Einige der Bäume sind über 400 Jahre alt und bilden zusammen mit dem Haus ein einzigartiges Ensemble, das Kultur- und Naturgeschichte miteinander verbindet.
Bis 1952 war das Herderhaus bewohnt, der letzte Hirte verließ es in der Nachkriegszeit. Seither steht es als stiller Zeuge einer fast vergessenen Lebensform. Heute kümmert sich der Kreisverein für Heimatschutz und Denkmalpflege Erding um Erhalt und Pflege des Hauses.
Das Herderhaus ist in seiner ursprünglichen Lage erhalten geblieben – eine große Seltenheit. Während andere Hirtenhäuser längst abgetragen und in Freilichtmuseen wiederaufgebaut wurden, steht dieses noch an seinem historischen Platz. Es erzählt eindrücklich von der sozialen und wirtschaftlichen Wirklichkeit einfacher Leute, die das ländliche Bayern über Jahrhunderte geprägt haben.
Führungen durch das Herderhaus werden regelmäßig für Schulklassen, Kindergartengruppen und interessierte Besuchergruppen angeboten. Sie bieten die Gelegenheit, Geschichte nicht nur zu hören, sondern zu erleben.