Fahrrad-Kuriere im Corona-Stress: Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) hat die Arbeitsbedingungen beim Essenslieferdienst Lieferando kritisiert. „Immer mehr Menschen bestellen auch im Landkreis Erding ihr Essen im Internet. Das führt zu glänzenden Geschäften bei Marktführer Lieferando. Aber die Fahrer arbeiten zu Niedriglöhnen und teils am Rand der Belastungsgrenze“, sagt Georg Schneider, Geschäftsführer der NGG-Region Rosenheim-Oberbayern.
Die Gewerkschaft kritisiert besonders den „Anreiz zur Akkordarbeit“. Um über den Einstiegsverdienst von nur zehn Euro pro Stunde zu kommen, müssten die Beschäftigten möglichst viele Bestellungen in möglichst kurzer Zeit ausliefern. Ab der 25. Bestellung zahlt Lieferando einen Zuschlag von 25 Cent pro Order, ab dem 100. Auftrag gibt es einen Euro mehr, zwei Euro kommen ab der 200. Bestellung dazu. „Dieses System führt zu großem Stress, denn jede rote Ampel kostet wertvolle Zeit. Um schnell voranzukommen, setzen sie häufig ihre Gesundheit aufs Spiel. Und ein Großteil profitiert gar nicht von den Zuschlägen, weil sie in Minijobs oder Teilzeitverträgen arbeiten“, so Schneider.
Außerdem werde der Arbeitsschutz der NGG zufolge nicht ernst genug genommen. Die von Lieferando gestellten E-Bikes seien häufig nicht richtig gewartet und nur bedingt verkehrssicher. „Wer mit dem eigenen Rad unterwegs ist, muss für die Reparaturen meist selbst aufkommen“, moniert Schneider.
Es könne nicht sein, dass Essenslieferdienste, die zu Gewinnern der Corona-Krise gehörten, ihre Geschäfte auf dem Rücken der Beschäftigten machten. „Lieferando muss sich zu fairen Löhnen und besseren Bedingungen bekennen“, so Schneider. An die Beschäftigten appelliert er, Rat bei der NGG zu suchen. Je mehr Beschäftigte sich für ihre Belange einsetzten, desto schneller könnten tarifliche Standards für die Lieferbranche ausgehandelt werden.
Zudem sollten sie Lohnabrechnungen genau prüfen. Nach NGG-Informationen passiere es immer wieder, dass Zahlungen zu spät kämen oder sogar ausblieben. Auch die oft ausfallende Online-Funktion für Trinkgelder, auf die Beschäftigte wegen der niedrigen Löhne angewiesen seien, sorge für Probleme. „Für die Fahrer kommt es auf jeden Euro an. Im Ernstfall sollten sie sich von der NGG beraten lassen“, so Schneider. Für Gewerkschaftsmitglieder sei ein Lohn-Check kostenlos.