Veröffentlicht am 24.07.2025 16:19

VdK warnt: „Wir steuern hier auf eine Katastrophe zu!”

VdK-Pressesprecherin Bettina Schubarth, VdK-Präsidentin Verena Bentele und Landesgeschäftsführer Michael Pausder (von links) stellten auf sozialpolitische Forderungen an die Staatsregierung. (Foto: job)
VdK-Pressesprecherin Bettina Schubarth, VdK-Präsidentin Verena Bentele und Landesgeschäftsführer Michael Pausder (von links) stellten auf sozialpolitische Forderungen an die Staatsregierung. (Foto: job)
VdK-Pressesprecherin Bettina Schubarth, VdK-Präsidentin Verena Bentele und Landesgeschäftsführer Michael Pausder (von links) stellten auf sozialpolitische Forderungen an die Staatsregierung. (Foto: job)
VdK-Pressesprecherin Bettina Schubarth, VdK-Präsidentin Verena Bentele und Landesgeschäftsführer Michael Pausder (von links) stellten auf sozialpolitische Forderungen an die Staatsregierung. (Foto: job)
VdK-Pressesprecherin Bettina Schubarth, VdK-Präsidentin Verena Bentele und Landesgeschäftsführer Michael Pausder (von links) stellten auf sozialpolitische Forderungen an die Staatsregierung. (Foto: job)

Verena Bentele, Landesvorsitzende des Sozialverbands VdK, hält den Einsatz der Staatsregierung für die soziale Infrastruktur, insbesondere in den Bereichen Familie, Gesundheit und Pflege, für viel zu gering. Sie kritisierte, dass die bayerischen Sozialleistungen des Familien- und Krippengelds ab 2026 durch das deutlich geringere „Kinderstartgeld“ ersetzt werden sollen, Dadurch verschlechtern sich die Startchancen für Kinder aus ärmerer Herkunft weiter: „Für Familien mit niedrigen Einkommen bedeutet die Änderung de facto eine Kürzung um rund 5.400 Euro je Kind. Auf der Strecke bleiben die frühkindliche Förderung, eine hochwertige Ernährung und die Betreuung.“ Der VdK Bayern fordert einen sozialen Ausgleich statt der geplanten pauschalen Einmalzahlung von 3.000 Euro je Kind, damit ärmere Familien höhere Leistungen bekommen.

Altersarmut trifft Frauen besonders

Schlechte Startchancen führen häufig in eine Armutsbiografie bis ins Alter. Insbesondere die Frauenaltersarmut ist mit 24,5 Prozent in Bayern groß. Bei Neurenten aus der gesetzlichen Rente klafft eine Rentenlücke von etwa 450 Euro zwischen Männern und Frauen. Männer starteten 2023 in Bayern mit durchschnittlich 1.350 Euro ins Rentenleben, Frauen mit 905 Euro. „Doch auch die Männerrenten sind angesichts der bayerischen Armutsschwelle von 1.322 Euro für einen Einpersonenhaushalt alles andere als üppig“, so Bentele.
Dem jüngsten Vorschlag des DIW nach einem „Boomer-Soli“, also einer Sonderabgabe auf Alterseinkommen über 1.000 Euro, erteilte die VdK-Landesvorsitzende eine Absage: „Wenn schon Umverteilung, dann an der richtigen Stelle. Wir fordern einen ‚Reichen-Soli‘, also eine faire Besteuerung von höchsten Vermögen und Erbschaften. Das Grundvertrauen in die gesetzliche Rente darf nicht noch weiter untergraben werden.“

Herausforderungen endlich anpacken

Im politischen Tagesgeschäft fehle oft der lange Atem, so Bentele. „Die Staatsregierung agiert quälend langsam, um die Herausforderungen für Gesundheit und Pflege anzupacken. Bei der Umsetzung der Krankenhausreform hinkt Bayern bei der Planung um Jahre hinterher.“ Dabei häufen sich bereits Insolvenzen kleiner Kliniken. Diese Krise trifft gerade im ländlichen Raum auf eine löchriger werdende Gesundheitsversorgung im ambulanten Bereich bei Hausarzt- und Fachpraxen.
Um die Pflegeversorgung der Bevölkerung in allen Teilen Bayerns sicherzustellen, fordert der Sozialverband VdK, die pflegerische Daseinsvorsorge zur kommunalen Pflichtaufgabe zu machen, ausfinanziert von Bund und Ländern. „Wir steuern hier auf eine Katastrophe mit Ansage zu. Das Anbieten von Pflegedienstleistungen der freien Wirtschaft zu überlassen, hat in eine Sackgasse geführt“, sagte Bentele. „Eigentlich bleibt keine bayerische Kommune vom Pflegenotstand verschont, auch die Großstädte nicht. Aber es fehlt überall an koordinierten regionalen Konzepten und Verantwortlichkeiten“, so Bentele.
VdK-Mitglieder berichten, dass es längst nicht mehr darum geht, einen guten Heimplatz zu bekommen, sondern nur noch darum, irgendeinen Platz zu ergattern. Aktuell müssen Pflegebedürftige und ihre Familien in Bayern 3-.094 Euro pro Monat für das erste Jahr im Pflegeheim selbst bezahlen. Bentele: „Diese Kosten ließen sich spürbar senken, nämlich um 556 Euro, wenn Bayern wie gesetzlich vorgesehen die Investitionskosten und die Ausbildungskosten übernehmen würde.“ Angesichts explodierender Pflegekosten kritisiert die VdK-Landesvorsitzende, dass das bayerische Landespflegegeld von 1.000 auf 500 Euro gekürzt wird.

„Viele warten bislang vergeblich”

In einer älter werdenden Bevölkerung kommt Maßnahmen zur Verbesserung des Wohnumfelds besondere Bedeutung zu. Doch seit Monaten herrscht ein riesiger Antragsstau für bayerische Fördergelder zum barrierefreien Umbau der Wohnung. Deshalb hatte sich der VdK an Bauminister Christian Bernreiter gewandt. „Aus seiner Antwort lesen wir, dass es diese Förderung theoretisch weiterhin gibt. Doch viele unserer Mitglieder warten bislang vergeblich darauf“, so Bentele. Viele Betroffene erhalten aufgrund ihres Alters oder geringen Einkommens auch von der Bank kein Darlehen. Und wer wegen der akuten Pflegesituation in Vorleistung geht und den Umbau beginnt, dessen Antrag wird abgelehnt. „Wir fordern, dass das Förderprogramm zuverlässig in Anspruch genommen werden kann. Die Fördergelder sind ein essenzieller Beitrag zur Sicherung der Pflegeinfrastruktur“, so Bentele. Zudem fordert der VdK, für Wohnungsneubauten eine Verpflichtung zur Barrierefreiheit in die Bayerische Bauordnung aufzunehmen.

Fast 60 Millionen Euro Nachzahlungen

Im ersten Halbjahr 2025 hat der VdK Bayern 196.317 Beratungen durchgeführt. 16.806 Widersprüche wurden eingelegt und 4.648 Klagen begonnen. „Der Gang zum VdK lohnt sich für unsere Mitglieder. Die Nachzahlungen liegen für das erste Halbjahr bei 59,8 Millionen Euro“, sagte Landesgeschäftsführer Michael Pausder. Auch bei der Mitgliederentwicklung geht die Kurve weiter nach oben. Aktuell zählt der VdK Bayern etwa 837.000 Mitglieder.

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